Archiv der Kategorie: Integration Wien

Film ab! für junge Menschen mit Behinderung

Wir haben ein Crowdfunding Projekt gestartet und möchten jungen Menschen mit Behinderung, die bei uns individuelle Freizeitassistenz erhalten, die Möglichkeit geben, mit Unterstützung eines professionellen Filmemachers einen Kurzfilm aus ihrer Perspektive zu drehen.

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Im Mittelpunkt stehen die jungen Menschen selbst, die gemeinsam entscheiden, welche Geschichte sie erzählen, in welches Genre der Film fällt und wie sie ihr Drehbuch filmisch umsetzen.
Oft haben gerade Menschen mit Behinderung noch immer weniger Möglichkeiten, selbstbestimmt zu handeln und ihre Sicht der Dinge zu präsentieren.
Wir wollen mit diesem Projekt dazu beizutragen, Menschen mit Behinderung in der öffentlichen Wahrnehmung sichtbarer zu machen, ihre individuellen Stärken und Schwächen im Rahmen von Workshops zu fördern und bei der Entwicklung neuer Fähigkeiten zu unterstützen sowie sie in ihrer Selbstbestimmung zu stärken. Ebenso wichtig wird sein, dass alle Teilnehmenden Spaß haben und ihre Erfahrungen erweitern können.
In den insgesamt 6 Workshops, die aufeinander aufbauen, findet ein stufenweises Heranführen der Teilnehmenden an das Projekt, das Medium Film, an die möglichen Themen und die Gestaltungsmöglichkeiten statt. Gemeinsam mit dem Filmemacher Ernst Spiessberger von Zitronenenwasser Social Art Movie werden erste Ideen sammeln, diese in den folgenden Workshops konkretisiert und entschieden, welche Art von Film es werden soll: ein Dokumentarfilm, ein Spielfilm oder ein Animationsfilm? Wir sind gespannt, wofür sich die Teilnehmenden entscheiden werden.

Auf der Plattform respekt.net können Sie mehr über unser Projekt „Film ab! für Menschen mit Behinderung“ erfahren und uns durch eine Spende unterstützten.

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Tanzen, tanzen und nochmals tanzen! – Tanzworkshop, Tanzvorstellung und Aftershowparty

Am Donnerstag, den 30. März, holte ich Liisa um 16:00 von ihr zuhause ab und wir spazierten bzw. fuhren 20 Minuten bis zum Tanzquartier im Museumsquartier. Wie immer freuten sich Liisa und ich schon sehr aufs Tanzen und auf die Freunde von iwi, die uns dort erwarteten.

Nachdem wir unsere Jacken ausgezogen hatten, gesellten wir uns zu den anderen, aßen noch einen Keks, tranken Wasser, und zogen uns unsere Tanzkleidung an.

Dann gab es gleich eine ganz besondere Überraschung: Monika Wagner von Hunger auf Kunst und Kultur besuchte uns und brachte uns Geschenke! Jede und jeder bekam Taschen und kleine Schreibheftchen vom Kultur-Transfair Sponsor Erste Bank. Danke, Monika!

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Um 17:00 startete der Kurs, also platzierten wir uns in einem Kreis im Tanzsaal. Da ein paar neue dabei waren, machten wir wieder eine Namensrunde, bei der jede/jeder zu ihrem/seinem Namen eine Bewegung machte, die dann von allen mitgemacht wurde, während man den Namen sagte.

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Danach legten wir uns auf den Boden und machten eine Entspannungsübung. Das ist immer das schönste für Liisa; wenn sie raus aus ihrem Rollstuhl kann, und sich am Boden liegend frei bewegen kann. Da rollt sie hin und her und versucht sich in allen möglichen Bewegungen, am liebsten natürlich tanzend zu lauter Musik. Auf die mussten wir an diesem Tag jedoch leider etwas länger warten, da es ein recht ruhiger Kurs war. Wir hatten die Augen geschlossen und die heutige Choreographin Barbara sagte nun mit entspannter Stimme: „Meine Haut hält meine Muskeln. Meine Muskeln halten meine Knochen. Meine Knochen halten meine Organe. …“ Angenehm, wenn man sich so in den Körper hineinfühlt.

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Nach einiger Zeit bewegten wir dann nach und nach Körperteile, bis wir in große, fließende Bewegungen übergingen. Manche blieben am Boden liegen oder sitzen, manche bewegten sich tanzend oder laufend durch den Raum. Wir imitierten uns gegenseitig, interagierten miteinander und erfanden leidenschaftliche, spontane, improvisierte Tänze. Barbara sagte dann, wir sollen Details im Raum wahrnehmen und wenn uns etwas ganz besonders interessiere, damit tanzend Kontakt aufnehmen. Zum Beispiel die Füße bzw. Socken der anderen… Es wurde lustig und es gab nichts, das „zu schräg“ war – unserer Kreativität wurden keine Grenzen gesetzt und wir hatten alle Freiheit, uns auf unterschiedliche Weisen auszutoben. Irgendwann sagte Barbara, wir sollen doch mit unserem Hinterteil Kontakt mit den anderen aufnehmen, sowie uns in unterschiedlichen Positionen anschmiegen. Ja, natürlich darf auch dieser ganz besondere Körperteil beim Tanzen und Improvisieren nicht außer Acht gelassen werden. 🙂

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Das Ende dieses Kurses war eine Spur actionreicher. Es wurde laute, experimentelle, elektronische Musik aufgedreht, und einer/eine der Gruppe dirigierte oder tanzte etwas vor, das alle anderen 06mitmachten. Benni startete und hatte offensichtlich eine große Freude, genauso wie wir. Severin brachte uns mit seinem berühmten Hüftschwung, oder besser gesagt Beckenschütteln, zum Lachen und Schwitzen. Liisa tanzte am Boden vor, wir machten alles nach, es entstand eine spannende Choreographie. Auch Ralf war für ein paar Minuten unser Choreograph und erhielt großen Applaus. Jeden Millimeter unseres Körpers zu schneller, rhythmischer Musik bewegen, sich dabei vollkommen ausgelassen bewegen, austoben, gehen lassen – das ist unsere Leidenschaft und wir genießen es immer sehr.

Nach eineinhalb Stunden war das Tanzen vorbei. Jetzt hieß es umziehen, Wasser trinken und zu unserer besonderen Freude ein paar Happen von dem kleinen Buffet essen, das immer für uns angerichtet wurde. Es gab Kekse, Obst, Snacks und Joghurt.

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Als wir fertig waren gingen bzw. fuhren wir hinüber zur Halle G, wo uns eine ganz besonders tolle Vorstellung von zeitgenössischem Tanz erwartete. Das Stück heißt „Der Protagonist“ und ist eine Produktion vom schwedischen Choreographen Jefta Van Dinther, aufgeführt von einer Gruppe von 14 TänzerInnen namens Cullberg Ballet. Auch Christina Gillinger vom Tanzquartier, die uns den Besuch der Vorstellung ermöglicht hat, war dabei!

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Die Musik, die Tänze, das Bühnenbild, die gesamte Performance waren ein Augen- und Ohrenschmaus. Der Inhalt war inspirierend und motivierend, wenn er auch zum Nachdenken angeregt hat. Es gab Lieder der Revolution und Tänze der Evolution, die erzählten, wie Menschen sich versammeln, Rollen annehmen und auferlegt bekommen. An einem Punkt im Stück standen die TänzerInnen ca. 3 Minuten mit dem Blick Richtung Publikum gerichtet auf der Bühne, sprachen kein Worte und schauten einfach „nur“ in die Ferne. Ihre Mimik und ihre Körperhaltung veränderten sich im Schneckentempo zwar, aber das Publikum wurde in Verlegenheit gebracht, weil die Stille im Theater und Momente, in denen „nichts“ passiert, ganz schön herausfordernd sein können. Das war für Liisa und mich lustig und spannend zu beobachten. Wir mussten ganz schön lachen, als Ralf plötzlich laut und überzeugt rief „Na, was ist denn jetzt mit denen?“ und ein paar im Publikum lachten ebenfalls mit uns mit.

Ungefähr ab der Hälfte der Stücks zogen sich die TänzerInnen auf der Bühne plötzlich aus, und nach und nach waren immer mehr nackte Körper auf der Bühne, die in schummriger Lichtstimmung wie Affen über die Bühne fegten. Jefta van Dinther äußerte sich dazu so: „Sie bewegen sich in evolutionärem Sinn rückwärts, wobei dies als aktive Entscheidung zu verstehen ist, um sich wieder mit dem zu verbinden, was um uns ist. Als bewusste Entscheidung zur Präsenz.“

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Ich war begeistert von der Tanzvorstellung und würde sie auf jeden Fall weiterempfehlen. Liisa fanddas Stück schräg und gewöhnungsbedürftig, es gefiel ihr aber im Großen und Ganzen recht gut.

Nach der Vorstellung gingen wir noch zur Aftershowparty ins Tanzquartier. Super, wir fühlten uns wie VIPs. 🙂 Es gab leckeres Buffet, vor allem die Salate waren köstlich. Die Musik, die Lichtstimmung und die Menschen waren stilvoll und nett, der Raum wirkte unter diesen Umständen ganz anders. Er war etwas klein für so viele Leute und Liisas Rollstuhl, aber wir suchten uns einen guten Platz bei einem Tisch. Dort genossen wir die Zeit, schlemmerten und tratschten mit Severin, Sabine und Verena. Um 22:30 machten wir uns auf den Weg nach Hause, wo wir um 23:00 ankamen. Ganz schön viel passiert in diesen 7 Stunden!

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Das Band zwischen Liisa und mir wurde wieder stärker, der Tanzworkshop hat uns noch mehr verbunden und die gemeinsamen Erinnerungen sind so wertvoll – an ihnen werden wir uns immer erfreuen…

Danke für diesen tollen Tag, wir freuen uns aufs nächste Mal!

Angelika Zach, Freizeitassistentin bei integration wien

Hallo Severin, gemma tanzen?

Ein Bericht über neue Freundschaften und zeitgenössischen Tanz

Sich auf Anhieb mit einem Menschen gut zu verstehen und das Gefühl zu haben, diese Person schon eine Ewigkeit zu kennen, ist eine Bereicherung, erfährt man jedoch auch nicht alle Tage. Umso schöner ist es dann, wenn es so richtig viel Spaß macht und noch dazu mit einer körperlichen Aktivität verbunden ist.

Gerade erst einen Tag kannten wir uns, als ich Severin bei ihm zu Hause im 16ten Bezirk abholte. Schnell noch tanzbares Gewand eingepackt und schon waren wir auf dem Weg Richtung Tanzquartier. Bereits im Stiegenhaus mussten wir so ausgelassen lachen, dass wir kurzerhand beschlossen, ein Foto von uns zu machen. So entstand bereits 30 Sekunden nach dem Schließen der Haustüre unser erstes gemeinsames Bild. Und es folgten einige weitere…

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Unser erster Ausflug führte uns gleich zu einem ganz besonderen Ort, nämlich dem Tanzquartier Wien. Wo der erste von mehreren Tanz-Workshops im Rahmen der Initiative Kultur-Transfair stattfinden sollte.

Bei diesem Projekt stehen, wie bereits im letzten Blogbeitrag gut beschrieben, vor allem das Medium des zeitgenössischen Tanzes und der spielerische Umgang damit im Vordergrund.

Wir wurden herzlichst in Empfang genommen, mit diversen Köstlichkeiten versorgt und konnten nach dem Umziehen bereits mit Aufwärmübungen im Tanzstudio beginnen.

Geleitet wurde der Workshop von Vera Rosner, die viele Erfahrungen in diesem Bereich hat und unter anderem mit “DanceAbility“ viele andere interessante Workshops in Wien anbietet.

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Nachdem wir uns aufgewärmt hatten, bildeten wir Gruppen zu je drei Personen und begannen uns zu entspannter Musik im Raum zu bewegen und frei improvisiert zu tanzen.

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Regeln gab es hierbei keine, außer, nicht über die anderen Teilnehmer zu lachen. Besonders wichtig war es, das zu tun, was sich richtig anfühlte und in erster Linie Freude machte. Manchmal wurde die Musik auch schneller und rhythmischer, was wir dann auch mit unserer Körpersprache versuchten darzustellen.

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So haben wir uns letztendlich beinahe zwei Stunden intensiv mit der Beziehung zwischen unseren Körpern, der Musik und den daraus resultierenden Gefühlen beschäftigt. Dabei haben wir nicht nur Neues und Interessantes über den zeitgenössischen Tanz gelernt, sondern auch viel Spaß gehabt und gelacht.

Ich bin davon überzeugt, dass dieser Tag für alle Beteiligten eine schöne und wertvolle neue Erfahrung war, und ich blicke bereits mit Freude zur nächsten Ausgabe des Workshops.

Nachdem wir uns verabschiedet haben hatten Severin und Ich noch die hervorragende Idee, unsere erste gemeinsame Freizeitaktivität beim Fotoautomaten im Museumsquartier, mit einem analogen Bild, festzuhalten.

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Patrick Winkler, Freizeitassistent bei integration wien