Unser gemeinsamer Tag beginnt in der Bahnhofshalle am Westbahnhof.
Für mich ist es besonders aufregend, weil ich die meisten Jugendlichen und ihre Assistenten zum ersten Mal treffe!
Als Karenzvertretung für Sabine, ist es mein erster größerer Ausflug mit der Freizeitassistenz und ich hoffe schon Tage davor inständig, dass alles gut hinhauen wird.
Aber weil alle so pünktlich, gut organisiert und vor allem gut eingespielt sind, klappt alles großartig.
Sobald die ganze Gruppe in der S50 Richtung Unter Oberndorf ist, bin glücklich und es bleibt nur mehr die Vorfreude auf den gemeinsamen Tag am Bauernhof.
In Unter Oberndorf angekommen begrüßt uns strahlender Sonnenschein. Ende April. 27 Grad. Keine Wolke am Himmel.
Der Weg zum Dreierhof ist eine gute Gelegenheit zum Plaudern und um Erwartungen auszutauschen. Was werden wir erleben? Welche Tiere dürfen wir kennen lernen? Was wird es wohl zu essen geben?
Wir brauchen für den Weg vom Bahnhof zum Bauernhof viel kürzer als gedacht und sind schon nach ca. 45 Minuten am Ziel.
Eva, die Besitzerin und Julia, ihre herzliche Kollegin, erwarten uns schon mit Birnensaft, der aus hof-eigenen Früchten in Eigenproduktion gewonnen wurde. Ankommen, Sonnencremé nachschmieren, kurz rasten. Dann geht’s schon los.
Wir teilen uns in zwei Gruppen auf, damit wir alle genügend Zeit mit den Tieren haben können.
Uns erwarten Pferde, ein Hühnerstall, Schafe und Schweine. Die Katze und Timmy, der verschmuste Hofhund sind sowieso irgendwie immer dabei.
Während eine Gruppe zuerst zu den Schafen spaziert, bin ich in der Gruppe, die zuerst die Pferde besucht. Wir füttern, streicheln, striegeln, staunen über die Zutraulichkeit und Ruhe der großen Tiere. Julia weiß irrsinnig viel und erzählt uns über artgerechte Haltung, Futter und neue Methoden, die Hufe zu beschlagen.
Dann geht’s zum Hühnerhaufen samt Hahn.
Alle Tiere dürfen hier sein, wie sie eben sind, dürfen nach ihrem Naturell leben. Es sind keine Nutztiere, sondern ebenbürtige Bewohnerinnen und Bewohner. Sie leben artgerecht, werden liebevoll behandelt und haben alle ihren eigenen Willen und ihre eigene Persönlichkeit.
Nachdem beide Gruppen jeweils zwei Tierherden besucht haben, gibt’s eine Stärkung.
Der nächste Weg führt uns in den Kräutergarten. Löwenzahn, Ruccola, Blümlein, bei denen man besser nur die weißen Blüten pflückt, Gewächse mit blauen Blüten, viel Grünzeug.
Wir probieren uns einfach durch. Alles was wir sammeln wird geschnitten und in den selbstgemachten Rahm gemischt.
Das Brot, auf das wir unseren Aufstrich schmieren ist selbstgebacken, nämlich von Jugendlichen von „Jugend am Werk“, die hier eine Tagesstruktur haben. Die Bäckerinnen und Bäcker sind heute, am Samstag, leider nicht da. Aber wer unter der Woche immer sehr früh und fleißig bäckt, hat sich natürlich auch ein ruhiges Wochenende verdient.
Die Jause kommt gut an. Der lange Weg und die vielen Eindrücke haben uns hungrig gemacht.
Während wir essen gesellt sich der Hofhund Timmy zu uns. Ob vielleicht auch was für ihn abfällt? Eher nicht. Wir sind alle richtig gierig nach Brot und selbst zubereitetem Aufstrich.
Im Schatten sitzend haben wir uns gestärkt und sind bereit für den nächsten Ausflug zu den Hoftieren. Während die erste Gruppe nun Pferde und Hühner kennen lernen darf, geht die Gruppe, in der auch ich bin, zu den Schafen.
Im Schafgehege geht’s jetzt wirklich ans Schmusen. Es gibt ein paar erwachsene Schafe, viele Teenies und auch ganz kleine Lämmer. Die Älteren sind frisch geschoren, erklärt Eva. Deswegen ist ihr Fell ganz klebrig. Das kommt vom Wollwachs, dem Lanolin, das die Schafe produzieren. Klebriges Zeug hin oder her – uns hält nichts ab, vom Tierkontakt!
Die meisten Schafe genießen die Streicheleinheiten sichtlich. Sie werfen sich richtig an einen dran und wollen gekrault werden. Wir dürfen sie auch bürsten, was ihnen ebenfalls richtig taugt.
Eva erzählt, dass jedes Schaf unterschiedliche Vorlieben, Ängste, Eigenschaften, eben eine ganz eigene Persönlichkeit hat. Das können wir nur bestätigen.
Vom Schafstall geht’s direkt zu den Schweinderln. Ein großes rosa und ein kleineres schwarzes Hängebauchschwein. Weil es so heiß ist, freuen sie sich über Gatschlacken, in denen sie sich suhlen können. Aber auch die Schweine haben ihren eigenen Willen und werden zu nichts überredet.
Momentan sind sie nicht so sehr in Kuschellaune, sondern wollen eher in den Schatten.
Wir freuen uns trotzdem, sie bei ihrem natürlichen Treiben beobachten zu dürfen.
Und dann ist der Tag schon wieder fast vorbei. Eva und Julia haben uns den Tag so liebevoll und gemütlich gestaltet, das die Zeit wie im Flug vergangen ist.
Im Nachhinein fühlt es sich mehr an wie ein Besuch bei lieben Freuden, als ein Ausflug ins Unbekannte.
Wir müssen uns schon ein bisserl tummeln, damit wir den geplanten Zug erwischen. Klar sind wir müde und müssen zurück nach Wien, aber eigentlich könnte man auch noch ein Zeiterl bleiben und plaudern, zum Beispiel darüber wie die Erde und der Dünger gewonnen werden. Und dann gibt’s ja auch noch den Traktor, der von vielen der Jugendlichen noch besichtigt werden will.
Der Weg zum Zug muss im Eiltempo zurückgelegt werden, weil wir uns gar nicht trennen konnten.
Eva hat erzählt, dass es den Jahreszeiten entsprechend auch unterschiedliches Programm gibt. Erdäpfel ernten im Herbst, Kekse backen in der Weihnachtszeit. Klingt verlockend!
Wäre schön, wenn wir wieder kommen können. Der Hof in voller Blüte, mit der frischen Wäsche, die malerisch im Wind trocknet war auf jeden Fall ein Erlebnis, aber es interessiert uns auch, wie der Dreierhof zu anderen Jahreszeiten erlebt werden kann.
In der SBahn am Weg zurück nach Wien sind wir alle irgendwie im Zwiespalt zwischen aufgekratzt vom Erlebten und schläfrig-satt von den vielen Eindrücken. Wir sind aufgeladen von der Sonne, riechen nach Schaf, Pferd, Huhn, Hund, Katze, Schwein und sind einfach richtig happy.
Wien, der Westbahnhof, die Stadt – sie haben uns zurück. Einige gehen noch ins Café Benno, um den Tag ausklingen zu lassen, andere haben noch eine Verabredung an diesem warmen Aprilabend und der Großteil geht erst einmal unter die wohlverdiente Dusche.
Es bleiben viel schöne Erinnerungen, eine große Freude und der Wunsch einfach „Danke“ zu sagen.
Der Besuch am Dreierhof war aufregend, herzlich, fröhlich, gemütlich.
Und für mich persönlich war es der schönste Einstand in die Freizeitassistenz-Familie, den man sich hätte wünschen können.
Ein Beitrag von Steffi Weislein, Mitarbeiterin Freizeitassistenz