Wie bereits erwähnt war Freizeitassistentin Vera ja mein Ersatz für über einen Monat. Wie könnte man wohl diese Eröffnung besser machen als ganz einfach über einen Bowlingabend?
Und so kam Vera auf eine geniale Idee: Weil sie gerade mit Clara auf dem Weg zur Bowlinghalle in der Beheimgasse war, wollte sie dies ganz einfach für mehrere planen. Ben hatte schon zugesagt, allerdings war er später doch verhindert. Dafür sollte Vera jedoch ihren Freund Louis aus Luxemburg mitnehmen. Trotzdem kamen wir uns etwas „unterentwickelt“ vor. Durch Zufall hatte jedoch Angie davon Wind bekommen, als ich gerade im 10A saß. Sie wollte gerne mit Liisa, der lustigen Finnin im Rollstuhl, dazu stoßen. Selbstverständlich waren alle einverstanden.
Und so begab es sich, dass zwei extrem kreative, lebensfrohe und selbstbewusste Assistentinnen mit ihren Mädels in Rollstühlen und einem festen luxemburgischen Jüngling auf den Autisten in der Runde warteten. Dieser kam prompt von der Leo-Slezak-Gasse dazu. Und dann wurden – siehe da! – geheimnisvolle Türen von der Security geöffnet. Kurz gesagt wurde für Clara und Liisa eine spezielle Hintertür geöffnet, welche mit einer Art Rampe durch einen großen Lagerraum führte und dann in die Halle. Das war schon ganz schön beeindruckend und imposant.
Noch besser war aber, wie gut ich mich mit Louis verstand. Er erzählte mir sogleich von dem Schultypus mit sowohl deutscher als auch französischer und luxemburgischer Sprache, welche dort gang und gäbe ist. Kein Wunder, dass wir die erste von insgesamt drei Partien gemeinsam spielten. Dann aber bildete ich mit Vera während der letzten beiden Partien ein Team. Und dies aus mehreren Gründen: Erstens hätte ich mit Clara und Liisa Schwierigkeiten gehabt, da wir oftmals schon nicht einmal gemeinsam die Rollstühle über die Rampe brachten. Vor allem war ich etwas zu grob, was Clara auch im wörtlichen Sinne ganz schön ins Schwitzen brachte. Und dann auch noch die Kugeln, die den beiden fast auf die Füße fielen. Schrecklich! Nur Liisa meinte ganz salopp mit ihrem leicht finnisch gefärbten Deutsch: „Kaiiin Problemmmm!“. Ja, ihr konnte man wirklich keine Angst einjagen.
Der zweite Grund war Angie, der gegenüber Vera ein wichtiger Puffer sein konnte. Denn Angie war an diesem Tag, fast noch mehr als meine Ersatzassistentin, eine Sprungfeder, die unbedingt alles und jeden fotografieren musste. Dann kommt sie auf mich zu: „Kannst du DAS fotografieren? Kannst du mir DIES schicken? Hast du JENES schon gespeichert?“. Da ist es besser, als Ausrede Vera und unser Teamspiel zu haben. Zumal unsere Musikerin am Spiel selbst ohnehin herrlich wenig Interesse zu haben schien.
Und drittens: Vera und ich hatten so viel Spaß wie kaum jemals. Ständig flogen die High-Fives, die Küsse und die Umarmungen, da wir beide gemeinsam schlicht unbesiegbar waren. Und so erlaubten wir uns gegenüber unseren Gegnern eine kleine Impertinenz: Wir wackelten den Leuten gegenüber mit dem Popo ins Gesicht. Das ist unser Siegestanz, yeah!
Insofern war dieses Treffen einer der besten „Einstände“, die man sich überhaupt vorstellen konnte. Nur am Abend gab es ein Problem: Wer wollte um knapp Mitternacht noch fahren? Kein Bus, keine Straßenbahn, nichts! Mitten in der Eiseskälte eine Viertelstunde oder mehr auf ein Vehikel zu warten, um dann – nun ja, wieder eine Viertelstunde auf ein noch langsameres Vehikel zu warten, das ist natürlich keine gute Idee. Und so muss mich mein Stiefvater abholen. Ein eher ängstliches Ende bei einer Tankstelle eines sonst so perfekten Tages! Na was soll´ s?
Matthias Ledoldis, Nutzer der Freizeitassistenz